Neuland auf dem Acker

Kichererbsen sind anspruchsvoll. Ertragsschwankungen und Risiken im Anbau sind derzeit noch gross. Das wachsende Interesse öffnet aber auch anderen Hülsenfrüchten die Tür.

Um die «Kalte Sophie» herum ist es für Florian Schaffner aus Anwil BL so weit, er sät Mitte Mai die Kichererbsen. Für den reinen Ackerbaubetrieb mit 26 Hektaren in der Fruchtfolge und einigen weiteren als Grünland halten er und sein Vater Matthias Schaffner schon seit einigen Jahren Ausschau nach einer schwach zehrenden Sommerkultur. Das erste Mal säten sie die Kichererbsen 2019 mit einem breiten Reihenabstand von 25 Zentimetern auf einer halben Hektare. Trotz fehlen dem Hackgerät und einem Unkrautmanagement mit Striegel und von Hand gelang der Versuch sehr gut: Die gereinigte Ernte betrug eine Tonne. Seither haben Schaffners die Kultur auf ihrem in 600 Meter Höhe gelegenen Betrieb auf unterschiedlichen Flächen angebaut. Die Erfahrung zeigte, dass mit Kichererbsen im Guten wie im Schlechten alles möglich ist. Im Regensommer 2021 traten schon früh grossflächige Verschlämmungen auf, was schliesslich zu einem Totalausfall führte.

Sie hätten eher schwere Böden, aber auch einige flachgründige, steinige Parzellen, sagt Florian Schaffner. «Bei einer Fruchtfolgepause von sechs Jahren können wir aber nicht immer die beste Wahl treffen», erklärt er. Trotzdem haben Florian und Matthias Schaffner den Kichererbsenanbau mit einem eigens daran angepassten Hackgerät mit einem 8-reihigen Parallelogramm und einem Reihenabstand von 37,5 Zentimetern etabliert. Mit Gründüngungen vor der Saat hätten sie auf den schweren Böden gute Erfahrungen gemacht. In Zusammenarbeit mit Matthias Klaiss, Ackerbauberater am FiBL, führt Florian Schaffner Sortenanbauversuche durch. Aktuell mit den Sorten Pascia, Badil, Flamenco und Orion.

Die beiden Letzteren reifen früher ab, was bei dieser spät reifenden Kultur und der Grenzlage im oberen Baselbiet von Vorteil sein kann. Langfristig braucht der Anbau ertragsstabilere und wetterunabhängigere Sorten und auch Neuzüchtungen, die an die lokalen Bedingungen angepasst sind.

Sechs Franken pro Kilo

Für die Handelsgenossenschaft Biofarm stellen Verunkrautung, Witterung und Sortenwahl bei der Kichererbse derzeit die wichtigsten Anbaurisiken dar. Dazu kämen hohe Anbaukosten sowie Qualitätsprobleme der Kichererbsen, was die Konkurrenzfähigkeit gegenüber Importware erschwere. Für Kichererbsen von guter Qualität bezahlt Biofarm den Produzentinnen und Produzenten sechs Franken pro Kilo. Mindere Qualitäten werden mit bis zu drei Franken entgolten. Die Betriebe liefern die Ware an die Sammelstelle. Biofarm organisiert die anschliessende Trocknung und Aufbereitung der Kichererbsen. Anlieferung und Trocknung sowie ein Teil der Vorreinigungskosten gehen zulasten der Produzierenden. Die Aufbereitung von Kichererbsen ist aufwendig und entsprechend teuer. Das hängt auch mit den Qualitätsschwankungen der Ernten zusammen. «Bei starker Verunkrautung leidet auch die Qualität», erklärt Melanie Rediger, Beraterin für Hülsenfrüchte und Ackerbauspezialitäten bei Biofarm. Enthält die Ernte viele grüne Pflanzenteile, verfärben sich die Kichererbsen. Verunkrautete Felder halten zudem mehr Feuchtigkeit zurück, was zu erhöhtem Pilzbefall führen kann. Je intensiver die Reinigungsdurchgänge ausfallen, desto wahrscheinlicher sind Beschädigungen an den Kichererbsen.

Zurzeit bauen 16 Betriebe auf ebenso vielen Hektaren für Biofarm an. Die Genossenschaft organisiert Flurbegehungen und Tagungen und berät die Betriebe. Ungefähr die Hälfte der Produktion entfällt auf die Romandie, wo der Anbau vor rund zehn Jahren und damit früher als in der Deutschschweiz auf- genommen wurde. Laut Melanie Rediger eignet sich die Westschweiz tendenziell besser für den Kichererbsenanbau. Geringere Niederschläge, flachgründige und nähstoffarme Böden sowie Standorte, die im Frühling schnell erwärmen und im Herbst nicht allzu früh von Nebel und Feuchtigkeit betroffen sind, seien in der Romandie häufiger vorzufinden. Doch auch in der Deutschschweiz finden sich solche Standorte, etwa im Fricktal, im Zürcher Weinland oder im Kanton Schaffhausen.

Grossverteiler fordern Liefersicherheit

Der Bund bezahlt seit diesem Jahr Einzelkulturbeiträge von 1000 Franken pro Hektare Kichererbsen. Zudem können Extenso-Beiträge von 400 Franken pro Hektare beantragt werden. Melanie Rediger findet, dass nun deswegen nicht an den Preisen der Kichererbsen geschraubt werden sollte: «Bis man die Anbaurisiken effektiv mindern kann, muss der Preis auch Mindererträge in Verlustjahren abgelten.» Insgesamt ist die Nachfrage nach Biokörnerleguminosen gross. Ob das auch für Kichererbsen aus der Schweiz gilt? Der Bedarf an Körnerleguminosen scheint zumindest im Biofachhandel nicht nennenswert zu wachsen. An die Grossverteiler würde Biofarm zwar gerne liefern, kann aber aufgrund der Ertragsschwankungen nicht die geforderte Liefersicherheit bieten. Ohnehin sind getrocknete Biokichererbsen aus der Schweiz schwieriger zu vermarkten als verarbeitete Produkte. Dies wegen der hohen Preise im Vergleich zu Importware sowie wegen des grösseren Aufwands für die Zubereitung in der Küche.

Auf die Verarbeitung von Schweizer Kichererbsen setzt die Firma Fabas aus Zürich. Sie liefert ihren Hummus mittlerweile sowohl in den Biofachhandel als auch an einzelne Filialen eines Grossverteilers. Seit 2021 arbeitet Fabas mit Betrieben, die mittlerweile rund 30 Hektaren Kichererbsen bewirtschaften. Nach einem enttäuschenden ersten Jahr brachte 2022 Erträge von bis zu zweieinhalb Tonnen pro Hektare. Unter für Kichererbsen besten, extrem trockenen Bedingungen. Mit der Verarbeitung zu Hummus und anderen Produkten verringert Fabas das Problem der aufwendigen Endreinigung der Kichererbsen. Die Qualitätsanforderungen für trockene Kichererbsen erlauben kaum Abweichungen in Aussehen und Grösse der Körner. Für die Verarbeitung gilt das weniger. Der Produzentenpreis bei Fabas liegt bei 650 Franken pro Dezitonne.

Künftig möchte Fabas eine wachsende Produktpalette mit Kichererbsen anbieten. Firmengründerin und Agronomin Anik Thaler sagt: «Wir versuchen, unsere Produzentinnen und Produzenten möglichst umfassend zu unterstützen.» Der Erfah- rungsaustausch solle pragmatisch sein und einfach stattfinden können. Mit einer Whatsapp-Gruppe und regelmässigen Treffen, etwa zu einem gemeinsamen Feierabend, will Fabas den Austausch unter den Betrieben fördern.

Kichererbsen als Maskottchen

Speiseleguminosen stehen in der Schweiz noch am Anfang, sind sich die Akteurinnen aus Forschung, Handel und Produktion einig. Fabas hat ab 2023 Ackerbohnen und Eiweisserbsen ins Sortiment aufgenommen und Biofarm hat seit Längerem diverse Körnerleguminosen im Verkauf. Wie Fabas sehen auch Biofarm und das FiBL grosses Potenzial in den Eiweisserbsen für die Verarbeitung. Seit 2021 lässt Biofarm ebenfalls Eiweisserbsen produzieren. Laut Melanie Rediger seien diese im An- bau auch nicht ganz einfach, aber um einiges risikoärmer als Kichererbsen. «Sie haben einen nussigen, den Kichererbsen nicht unähnlichen Geschmack, aber als Verarbeitungsprodukt fehlt es den Eiweisserbsen noch an Bekanntheit», sagt sie. Mit der steigenden Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen könnten Kichererbsen als trendiges Produkt weiteren einheimischen Körnerleguminosen durchaus den Weg ebnen. Kichererbsen finden mit ihrer Eignung für nährstoffarme und trockene Standorte vermutlich immer häufiger einen Platz in der Fruchtfolge. Heimische und unkompliziertere Leguminosen dürften sich aber zunehmend aufdrängen. Selbst wenn Hummus für unsere Ohren derzeit noch attraktiver klingt als Eiweisserbsenpüree.

Beitrag im Bio Aktuell 5/23 von Jeremias Lütold
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