Körnerleguminosen - es muss nicht immer hochtechnisch sein

Ungekocht sind Soja, Kichererbsen und Co. ungeniessbar. Für die Verarbeitung gibt es diverse Möglichkeiten und nicht immer läuft es auf ausgefeilten «Fleischersatz» hinaus – so geht es auch für den Hofladen.
Von Jil Schuller, BauernZeitung
Publiziert am Dienstag, 29. November 2022

 

Die Zubereitung vieler Körnerleguminosen in der heimischen Küche dürfte dem Schweizer Durchschnitts-Konsument (noch) zu aufwändig sein. Getrocknete Kichererbsen, Borlotti-Bohnen usw. müssen über Nacht eingeweicht und dann gekocht werden, um die enthaltenen Giftstoffe unschädlich und die pflanzlichen Proteine verfügbar zu machen. Am besten und schnellsten geht das im Dampfkochtopf, aber das Einweichen bleibt notwendig und damit eine gewisse Planung. Eine Ausnahme bilden Linsen, doch die erfreuen sich bisher keiner allzu grossen Beliebtheit – man greift eher zur gewohnten (Getreide-)Pasta oder zu Hackfleisch für eine Sauce.

Bekannte Form aus neuen Zutaten

Diesen Umstand haben Lebensmittelhersteller erkannt und bieten daher Produkte an, die Körnerleguminosen in bekanntem Kleid auf den Tisch bringen: Seien es pflanzliches Hackfleisch, Burger-Patties oder panierte Stäbchen, die an Fischstäbchen gemahnen sollen. Solche «Ersatzprodukte» können zwar z. T. mit hohem Proteingehalt punkten, stehen aber wegen ihres hohen Verarbeitungsgrads in der Kritik.

Ein langer Weg zum «falschen Fleisch»

Oft wird für die Herstellung auf konzentriertes Proteinpulver (Proteinisolat) zurückgegriffen, um es anschliessend zu extrudieren. Das Resultat ist eine faserige Struktur, der Prozess dahinter ist aber so kompliziert und ressourcenintensiv, wie die Bezeichnung «Extrusion» es vermuten lässt. Ausserdem fallen Fasern und Stärke als Nebenprodukte an, wie Forschende in der Studie «Pflanzliche Proteine als Fleischersatz: Eine Betrachtung für die Schweiz» zu bedenken geben. Von Gesundheitsfachleuten kommt Kritik an hohem Salz- und Fettgehalt veganer Produkte hinzu.

Es gibt Alternativen

Neben dem Genuss gekochter Körner (z.B. ganz im Eintopf oder gestampft als Hummus) und dem berühmten Pflanzenburger gibt es weitere Möglichkeiten. Die Forschung verspricht sich viel von der Fermentation: Man lässt Mikroorganismen für sich arbeiten, ähnlich wie das beim Käse gemacht wird. Pilze und Bakterien zersetzen unerwünschte Inhaltsstoffe und können Aroma sowie Proteinverdaulichkeit verbessern. Beispiele für fermentierte Lebensmittel aus Körnerleguminosen sind z. B. Tempeh (siehe Kasten unten) oder mit Joghurtbakterien eingedickter Sojadrink.

Zum Beispiel für den Hofladen

Ab 2023 gibt es Einzelkulturbeiträge für den Anbau von Körnerleguminosen (1’000 Franken pro Hektare und Jahr). Das macht die Produktion attraktiver, aber auch die Nachfrage entwickelt sich. Verschiedene Betriebe mit Direktvermarktung verkaufen erfolgreich getrocknete Kichererbsen, Auskernbohnen oder Linsen. Eine Möglichkeit sind auch gekochte Körnerleguminosen als Konserve in Salzlake, in Form von Teigwaren oder zu Mehl vermahlen. Manche Landwirt(innen) experimentieren mit einer hofeigenen Tofu-Produktion, lassen Lupinen zu koffeinfreiem Kaffee rösten, verkaufen Pulvermischungen für Lupinen-Hummus oder arbeiten mit der regionalen Gastronomie zusammen, um z. B. Spezialitäten wie die Pro-Specie-Rara-Bergackerbohne zu vermarkten.

Immer mehr Abnehmer für die Verarbeitung

Für die Verarbeitung gibt es verschiedene inländische oder regionale Abnehmer. Beispiele für kleinere Unternehmen sind Fabas oder Tempeh Bagus. Auch grössere nehmen den Ball auf: «The Green Mountain» machte kürzlich in einer Mitteilung deutlich, man würde am liebsten nur mit regionalen Produkten arbeiten. Das Hilcona-Start-Up ist bekannt für seine veganen Fleischersatzprodukte, die bei Coop und in verschiedenen Restaurants erhältlich sind. Aktuell tüftelt «The Green Mountain» an einer Rezeptur mit Schweizer Eiweisserbsen. Bisher wurden Erbsen aus Frankreich verwendet.

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Was ist das eigentlich?
Die folgende Liste zeigt eine Auswahl von proteinreichen pflanzlichen Lebensmitteln:
Sojadrink: Hergestellt aus eingeweichten Bohnen, die mit Wasser gemixt, aufgekocht und durch ein Tuch gefiltert wird. Analog gibt es andere Pflanzendrinks. Sojadrink lässt sich mit Joghurt-Kulturen fermentieren.
Tofu: Aus Sojabohnen, bzw. -drink, der mit einem Gerinnungsmittel (Nigari) versetzt und dessen Proteinanteil in Blöcke gepresst wird. Es fallen eine Art Molke und ballaststoffreiches Okara an.
Kofu: Wie Tofu, aber aus Kichererbsen hergestellt.
Luya: Produkt- und Firmenname, fleischähnliche Stücke auf Basis von Okara, das mit einer Pilzkultur fermentiert wird.
Tempeh: Gekochte Körnerleguminosen (z. B. Soja, Kichererbsen oder Lupinen), von einem Pilz fermentiert.
Falafel: Bällchen aus gekochten Kichererbsen oder (geröstetem) Mehl daraus mit Gewürzmischung, Zwiebeln und Knoblauch. Entweder frittiert oder angebraten.
Seitan: Über das Auswaschen der Stärke aus Getreidemehl gewonnenes Eiweiss (Nicht Körnerleguminosen als Grundzutat).
Quorn: Aus einer Pilzkultur, die auf Traubenzucker und Mineralstoffen wächst. Die Beimischung von Eiweiss aus Eiern oder pflanzliches Proteinpulver erfolgt vor dem anschliessenden Dämpfen, Formen und Einfrieren. Der letzte Schritt sorgt für die faserige Struktur. (Nicht Körnerleguminosen als Grundzutat).

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Link zum Beitrag der BauernZeitung: https://www.bauernzeitung.ch/artikel/pflanzen/koernerleguminosen-verarbeiten-es-muss-nicht-hochtechnisch-sein-451380